1860 bis 1933 (CH)

Beckerelli

(Jean Becker)

Beckerelli wurde in Köln am Rhein geboren und musste nach dem plötzlichen Herztod seiner Mutter in die väterliche Feinkosthandlung eintreten.

Er trat ab etwa 1880 mit verschiedenen Variététruppen in Lokalen des Rheinlands, des Ruhrgebiets und Westfalens auf. In Essen lernte er bei einer Truppe seine Frau kennen, die er nach einigen Jahren in Luxemburg heiratete. Die beiden bereisten zusammen Belgien und Holland. Nachdem sich Beckerelli allmählich einen Namen gemacht hatte, wurde er von besseren Gesellschaften, Vereinen und Familien engagiert und kam auch an den Hof der holländischen Königin Wilhelmina, wo er bei den Krönungsfesten mit grossem Erfolg Vorstellung gab. Schliesslich liess er sich in Luxemburg nieder. Grossherzog Adolph lud ihn ein, am dortigen Hofe aufzutreten. Dank seines Erfolges wurde er zum Hofkünstler ernannt, was ihm Zugang zu den höchsten Kreisen verschaffte. Das letzte Mal trat er im März 1914 am Hof auf.

In der Schweiz trat er mit etwa 27 Jahren erstmals mit einer Varietétruppe auf. Ab 1889 gab er Solo-Auftritte in St. Gallen. Während einigen Jahren gab er während der Sommermonate in Bündner Kurorten Vorstellungen in Kursälen und Hotels.

Beckerelli war eine sympathische Bühnenerscheinung, ein liebenswürdiger Erzähler und ein sicherer, geschickter Vorführer, der sein Publikum ohne weiteres über eine längere Zeitspanne unterhalten konnte. Dies beherrschte er auch am Tisch, in privater Runde. Legendär wurde seine Vorführung des „Kragenknopf-Tricks“.

1914 nahm Beckerelli in St. Gallen Wohnsit. Während der Mobilmachung gab er zahlreiche Vorstellungen für das Militär und wurde dadurch weit herum bekannt.

1904 initiierte Beckerelli in Zürich die Gründung des Artistenverbandes (Artistenloge) „Sicher wie Jold“. Lebenslange Erfahrung als Berufskünstler überzeugte ihn von der Notwendigkeit der Solidarität unter den Artisten.

Amüsant und staunenswert ist die Tatsache, dass der Name „Beckerelli“ als Wort und Begriff in’s „Lötzeburgisch“ eingegangen ist. „Einen Beckerelli machen“ oder „Beckerelli spielen“ kann dort bedeuten, dass jemand eine Täuschung vollbringt oder jemanden arglistig täuscht.

Beckerelli starb am 3. Oktober 1933 nach kurzer Krankheit an einer Herzlähmung. Am 9. und 10. September hatte er noch im „Löchlibad“ zwei Vorstellungen bestritten. Er wurde in St.Gallen als immer noch preussischer Staatsangehöriger beerdigt.


Text und Bild: Rico Leitner